Vipassana – 10 Tage Schweigen

Vipassana – 10 Tage Schweigen

Vipassana Meditation
10 Tage Schweigen
100 Stunden Meditation
28.08.2023 - mein erfahrungsbericht -

Ich komme gerade „ganz frisch“ von einem 10 Tage-Kurs, bei dem ich die Meditationstechnik Vipassana lernen durfte. Ich verbrachte 10 Tage in „edler Stille“, das heißt Stille des Körpers, der Sprache und des Geistes. Ohne Handy, ohne Kontakt zur Außenwelt. In diesen 10 Tagen sollte man sich wirklich so benehmen, als wäre man komplett alleine und sich nur auf seine eigene Praxis konzentrieren.

Aber was ist eigentlich Vipassana?

Vipassana ist eine der ältesten Meditationstechniken aus Indien. Sie wurde von Gotama (dem Buddha) vor mehr als 2500 Jahren wieder entdeckt. Das Wort Vipassana bedeutet die Dinge so zu sehen, wie sie wirklich sind. Es ist eine Methode zur Selbstreinigung durch Selbstbeobachtung. Es hilft zu erkennen das alles, wirklich alles in ständiger Veränderung ist. Die Kunst dabei ist, trotz dieser Veränderungen vollkommenen Gleichmut zu entwickeln.

**Buddha hieß übrigens nicht immer Buddha – auch er war mal ein ganz normaler Mensch wie du und ich. Durch Vipassana wurde er erleuchtet und erhielt so den Namen Buddha. Wir können also alle zum Buddha werden** 🙂

Und wie soll das gehen?

Ganz ehrlich, das habe ich mich am Anfang auch gefragt. 😀
Bei dieser Technik wird mit allem „gearbeitet“ was natürlich vorhanden ist. Der Atem, der Körper und der Geist.
Anders als bei anderen Meditationstechniken, bei denen man sich oftmals auf einen Gegenstand oder auf ein Mantra konzentriert. Dadurch kommt der Geist natürlich auch zur Ruhe, allerdings nur „oberflächlich“.
Beispiel: Wir meditieren für 20 min auf ein Mantra (zb. OM) und wiederholen das immer wieder im Geiste. Dadurch sind wir konzentriert und fokussiert. Allerdings erreicht das nicht die Tiefe unseres Unterbewusstseins. Sobald also wieder Ablenkung kommt oder ein „kleiner Sturm des Lebens“ aufzieht, verlieren wir unseren Fokus.

Soweit so gut.
Ich war auf jeden Fall bereit mich darauf einzulassen, war neugierig was mich erwartet und gespannt, wie es mir dabei wohl ergehen wird.

Am Anreisetag war alles ziemlich wuselig, wir mussten nochmals einen Fragebogen ausfüllen und zustimmen, ob wir uns der Verhaltensregeln bewusst sind und diese auch konsequent einhalten werden. Zugegeben etwas mulmig war mir, aber ein zurück kam für mich nicht in Frage. Als nächstes gab ich mein Handy ab und bezog mein Zimmer.
Haus A, Zimmer 3, Bett D. Hier war also mein kleiner Schlafplatz für die nächsten 10 Tage. Bevor es so richtig los ging, gab es noch eine Gemüsesuppe (wir durften auch noch quatschen) und ich lernte direkt zwei „alte“ Kursteilnehmerinnen kennen, die diesen Kurs tatsächlich schon mehr als 4-mal gemacht hatten. Zu diesem Zeitpunkt für mich absolut CRAZY!!! Ich hatte nichtmal den Gedanken in Erwägung gezogen sowas jemals zu wiederholen… Meine Neugierde auf die nächsten Tage wurde immer größer und ich war mittlerweile richtig ungeduldig, weil ich endlich wollte das es losging.

In der großen Meditationshalle bekamen wir alle einen Platz zugewiesen.
Für die nächsten 10 Tage war das mein fester Platz. (vorletze Reihe, dritter Platz v. links) Wir bekamen eine Einweisung, eine erste Meditation und einen Vortrag, bevor es zur Bettruhe überging. Um 4 Uhr ertönte ja bereits der Gong zum Aufstehen. Das konnte ich mir anfangs auch überhaupt nicht vorstellen, nur über den Gong aufzuwachen, klappt das?
…. Es klappt 😀

Zu allen „Tagespunkten“ wurde jetzt also gegongt. Somit war weder eine Uhr noch ein Wecker notwendig und ziemlich schnell verlor ich das Gefühl für Raum und Zeit sowie den aktuellen Wochentag, geschweige denn das Datum 😀 Alles einfach nicht so wichtig. Es geht wirklich darum sich vollkommen auf seine Meditationspraxis zu konzentrieren.

Die ersten 3 Tage waren hart. Vor allem körperlich. Mir tat gefühlt alles weh. Ich spürte noch die Autofahrt in den Knochen und dann das ständige Sitzen. Ich wechselte so oft es ging von Schneidersitz in Fersensitz, Fersensitz in Schneidersitz,… Als körperliche Bewegung sind nur Spaziergänge erlaubt.
Zugegeben in den ersten 3 Tagen war die Meditationspraxis auch sehr zäh und langweilig. Wir sollten unsere Aufmerksamkeit schulen, in dem wir unseren Atem beobachten. Und das den ganzen Tag lang. Mein Geist hat sich sooo gelangweilt. Herrje.
Es war wirklich eine Herausforderung immer und immer wieder den Geist zurückzuholen und aufmerksam zu bleiben.
Ich gab mein Bestes .. 😊 .. und mein Geist auch! 😀
ALLE möglichen Ohrwürmer, die es je gab, wurden in meinem Kopf abgespielt.

Aber: es wurde besser!
Der 4.Tag war Vipassana Tag – an diesem Tag lernten wir die eigentliche Art dieser Meditation kennen. Wir sollten von nun an unsere Aufmerksamkeit ausweiten auf alle geistig-körperlichen Vorgänge im Körper und diese einfach nur beobachten. Beobachten, ohne ihnen eine Wertung zu geben. Gleichmütig.

Perfect equanimity – perfect equanimity. (Ich höre jetzt noch die Stimme des Lehrers.)
Auch das eine Herausforderung.

In einer Halle, in der über 100 Leute mit dir meditieren ist es nie länger als 2 min vollkommen still.
Einer niest, der nächste hustet, der nächste verändert seinen Sitz, der nächste kratzt sich,.. *Gleichmut*
Der Rücken schmerzt, dir ist abwechselnd warm dann wieder kalt,.. *Gleichmut*
Ein schöner Gedanke, ein ärgerlicher Gedanke,.. *Gleichmut*

Es geht vorangig darum kein Verlangen nach „guten“ Empfindungen und auch keine Abneigung gegen alle „schlechten“ zu erzeugen, sondern einfach die Situation so anzunehmen, wie sie jetzt in diesem Moment ist. Durch diesen Gleichmut und die ständige Beobachtung der Vorgänge in unserem Inneren, können negative Verhaltensmuster – zum Beispiel Angst, Ungeduld, Zorn, Hass nach oben gelangen und abgebaut werden.

Ab dem 4.Tag „stimmten“ wir auch zu mit Adhiṭṭhāna zu arbeiten – starke Entschlossenheit.
Ab sofort bestrebten wir also alle an den drei Gruppensitzungen pro Tag für eine Stunde unseren Sitz nicht mehr zu verändern. (In den Sitzungen bei denen wir für uns meditierten, „durften“ wir kleine Pausen einlegen)
Klingt unvorstellbar, oder?
Aber auch das geht. Und es wird mit jedem Tag leichter. Durch die viele und dauerhafte Praxis treten einfach schnell erste Ergebnisse ein.

Jeden Tag meditierte ich fortan für 10 Stunden und übte mich in „perfect equanimity“ (Gleichmut). Vorab gab es immer systematische Anleitungen zur Meditationstechnik und abends einen Vortrag von Goenka.

Und ja, was soll ich sagen so verging Tag für Tag.
Und mit jedem Mal als ich mit Schmerzen aufstand und aus dieser Halle ging, war ich stolz. Das unangenehme Gefühl im Körper verging direkt. Wie alles andere auch. Es kommt und vergeht, kommt und vergeht. Klingt so logisch und einfach…
Aber ich kann auch sagen, das es nicht immer so logisch und so einfach für mich war. Es gab Momente, in denen ich in der Meditation saß und irgendwie versuchte auf die feinen und groben Körperempfindungen zu achten, während zig Gedanken aufkamen.„Warum machst du das hier eigentlich?“ Mir tut der Hintern weh, meine Schulter schmerzt und zu alldem mein Geist im Hintergrund: „Cordula Grüüün,..“ (Ja genau dieses Lied war in meinem Kopf)

Es ist ein auf und ab.

Aber ich merkte, wie es mir besser gelang, damit umzugehen. Ich wusste, wenn ich mich nicht gut fühlte, ich Heimweh hatte, ich aufgeben wollte, dass ich mich auch wieder anders fühlen werde. Ich wusste es war nur eine Phase. Also hielt ich durch.
Und rückblickend hatte ich mehr Hoch- als Tiefphasen. Ich hatte Phasen da empfand ich so viel Glück, das mir vor Freude die Tränen liefen.

Der 10.Tag an dem das Schweigen gebrochen wurde, war auch ein sehr magischer Tag.
Das Gefühl aus dieser Halle zu gehen und zu wissen man hat es jetzt geschafft – ist unheimlich befreiend.

Tja und was soll ich sagen… Ich werde es definitiv wieder tun! 😊
Ich bin mir sicher, der Zeitpunkt wird wieder passen und dann werde ich mich zum nächsten Abenteuer aufmachen.

… Und wenn du bis hierhin gelesen hast, dann freue ich mich sehr über einen Kommentar von dir.
Kannst du dir vorstellen so einen Kurs zu besuchen? Was wäre deine größte Herausforderung?
Hast du vielleicht auch schon mal einen 10 Tages Kurs gemacht? Wie waren deine Erfahrungen?

Ich freue mich von dir zu lesen. Wir sehen uns auf der Matte 😊
Und so lange: Be Happy <3

Deine Jana

Jana

Jana

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